Kommgenial
Veränderungen – oder der Wunsch danach – begegnen uns täglich. Zum Beispiel, wenn wir das eigene Verhalten ändern wollen, um gesünder zu leben. Oder wir selbst werden mit geänderten Situationen konfrontiert. Oder wir wollen, dass andere sich ändern, z. B. die Schuhe vor und nicht erst hinter der Tür ausziehen.
Veränderung verstehen und meistern
Wer sich mit Mobilität beschäftigt, merkt schnell, dass das Thema Veränderungen eine Rolle spielt. Wenn wir z. B. im Bereich Mobilität Veränderungen bewirken wollen, müssen wir ihre Wirkmechanismen verstehen: Wie funktioniert Veränderung? Wie reagieren Menschen, wenn sie mit Veränderungen konfrontiert werden? Was verhindert Veränderung? Und warum verweigern sich manche Menschen, egal, was wir tun? Ob Sie kleine oder große Veränderungen vorhaben – dieses Wissen hilft Ihnen in jedem Fall weiter. In dieser Ausgabe von kommgenial geben wir Ihnen Basis-Wissen rund um Veränderungen an die Hand – mit einem Blick auf den dazugehörigen Prozess mit seinen definierten Phasen.
Veränderung ist nicht selbstverständlich
Bestimmt können Sie sich an eine Zeit erinnern, in der Sie sich nur langsam mit einer neuen Situation anfreunden konnten – oder vielleicht auch gar nicht. Warum wir Sie daran erinnern? Wir erinnern uns häufig daran, was wir bei Veränderungen empfunden und gedacht und wie wir darauf reagiert haben. Und wir können davon profitieren, uns diese Erfahrung in Erinnerung zu rufen. Sie hilft uns, Menschen zu verstehen. Wollen wir Menschen davon überzeugen, ihr Verhalten zu ändern, hilft Empathie und das Verständnis dafür, was in ihnen vorgeht. Und die Erkenntnis: Sich (zunächst) gegen Veränderungen zu wehren und mit ihnen zu hadern, ist das Normalste auf der Welt.
Was brauchen die denn noch?!
Wir kennen es alle: Wenn wir diejenigen sind, die Veränderung herbeiführen wollen, kommt uns manchmal in der Hektik des Arbeitsalltags das Verständnis abhanden – wir verlieren es aus den Augen. Für uns ist es beispielsweise selbsterklärend und selbstverständlich, dass die neuen Mobilitätsangebote und die Veränderungen sehr gut sind und alle davon profitieren. Klar, dass alle das auch so sehen müssen! Tritt das gewünschte Ergebnis unserer Überzeugungsversuche nicht ein, üben wir zunehmend Druck aus, stellen mehr und mehr Informationen bereit, wiederholen unsere Argumente zum x-ten Mal. Und fragen uns nach einer Weile erstaunt, warum immer noch nicht alle restlos begeistert sind. Wieso haben die ihr Verhalten immer noch nicht geändert? Wieso sind die immer noch dagegen? Was brauchen die denn noch?!
Perspektivwechsel
Was hilft: Verabschieden Sie sich von der Frage, warum sich jemand oder eine definierte Gruppe das Verhalten (noch) nicht geändert hat. Besser ist danach zu fragen, was ihn oder sie davon abhält.
Nützlich ist dabei der Blick auf den Status Quo, auf „Das war doch schon immer so!“. Ein Blick in die Wissenschaft: Die Homöostase, also das Prinzip der Erhaltung des Status Quo, ist ein überlebenswichtiges Prinzip. Unser Körper etwa will Blutdruck und Körpertemperatur konstant halten (– und leider gilt das übrigens ebenso für unsere Körperumfänge). Unsere Psyche mag Veränderungen häufig ebenfalls nicht und hält daher gern an Gewohnheiten und Zuständen fest, selbst wenn diese toxisch sind. Denn eine Abweichung von einem bekannten, gewohnten Zustand könnte (noch größere) Gefahr bedeuten. Wer sich das klar macht, entwickelt ein Verständnis dafür, warum sich (manche) Menschen mit Veränderungen schwerer tun als andere.
Neues birgt Unsicherheit, die Gefahr des Scheiterns oder der Verschlechterung. Auch ein befürchteter Kontrollverlust spielt eine große Rolle, vor allem wenn die Veränderung nicht aus eigenem Antrieb geschieht, sondern als aufgezwungen empfunden wird. Hier spielt auch die Kommunikation eine zentrale Rolle, denn fühlen sich Menschen nicht oder unzureichend informiert, kann das ein Gefühl des Übergangen-worden-seins hervorrufen.
Vom Schock zum Alltag: die Veränderungskurve
Veränderung ist ein Prozess, der verschiedene Phasen durchläuft. Die schweizerisch-US-amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross hat die verschiedenen Phasen des Veränderungsprozesses beschrieben. Seit den 70er Jahren ist die Veränderungskurve nach Kübler-Ross ein generelles Modell, um zu verstehen, wie Menschen mit Veränderungen umgehen. Sie wurde durch verschiedene Studien bestätigt. Und das sind die Phasen:
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#1 Schock
Veränderungen, von denen wir uns überrascht oder gar überrumpelt fühlen, lösen einen Schock aus. Je nach Resilienz des einzelnen Menschen kann das ganz unterschiedlich aussehen: Wir erstarren förmlich, stellen unsere Aktivität oder Produktivität ein
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#2 Verneinung
In dieser Phase zeigen wir den größten Widerstand. Wir lehnen die Veränderung ab, wehren uns dagegen, wollen sie nicht wahrhaben und uns an Bestehendem festhalten.
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#3 Einsicht
Wir erkennen, dass wir die Veränderung nicht abwenden können. Rational sehen wir die Veränderung zwar ein. Emotional haben wir sie jedoch noch lange nicht akzeptiert.
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#4 Akzeptanz
Diese wichtige Phase markiert einen Wendepunkt im Veränderungsprozess und wird auch „Tal der Tränen“ genannt. Hier akzeptieren wir die Veränderung auch emotional. Wir erkennen, dass auch wir uns verändern müssen, um die Veränderung zu bewältigen. Hier sind wir besonders vulnerabel – wir fühlen uns ängstlich, denn wir wissen noch nicht, was zu tun ist und ob wir den neuen Anforderungen gewachsen sind.
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#5 Ausprobieren
In dieser Phase beginnen wir, aktiv zu handeln. Wir probieren aus und beschäftigen uns aktiv mit neuen Anforderungen und Erwartungen. Wir erleben erste kleine Erfolge, auch wenn noch längst nicht alles perfekt läuft und es Enttäuschungen und Rückschläge gibt. Durch unser aktives Handeln werden wir jedoch selbstwirksam und unsere Angst tritt in den Hintergrund.
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#6 Erkenntnis
In dieser Phase ändert sich unsere Einstellung gegenüber der neuen Situation: Wir bewerten die Veränderung nun positiv. Wir verstehen die Notwendigkeit der Veränderung und beginnen Vorteile zu sehen.
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#7 Integration
Ist die Veränderung in den Alltag übergegangen, also integriert worden, gilt der Veränderungsprozess als abgeschlossen. Angst spielt keine Rolle mehr und die Veränderung wird vollständig akzeptiert.
Was Menschen durch die Phasen hilft, ist eine begleitende Kommunikation.
Kommunikation mehr als Information
Kommunikation bedeutet mehr als Informationen bereitzustellen – das wäre einseitig und würde das Gegenüber und seine Standpunkte völlig ignorieren. Vielmehr bedeutet es, den anderen zu verstehen und in den Dialog zu kommen. Je nach Situation (und Phase) unseres Gegenübers, seien es einzelne Menschen oder größere Zielgruppen, können wir unsere Kommunikation anpassen und unser Gegenüber bestmöglich begleiten.
Sie möchten tiefer in das Thema Kommunikation einsteigen? Dazu gibt es zahlreiche Empfehlungen und noch mehr Literatur. Der große Fachbereich Kommunikation hält viel Wissen bereit.
Unser Tipp für den Einstieg: Nähern Sie sich step by step. Klären Sie für sich, bei welchem Thema Sie mehr kommunikatives Know-how benötigen. Ist es der Umgang mit Beschwerden? Geht es um Gesprächsführung? Hadern Sie mit Ihren Texten? Möchten Sie Widerstände leichter auflösen? Oder besser argumentieren? Oder beschäftigt Sie die Kommunikation zu Veränderungen in Ihrer eigenen Organisation (Change-Kommunikation)? Egal, womit Sie anfangen – die Beschäftigung damit lohnt sich.